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Zukunft zum Anfassen: VR-Brille und Kompetenzberatung ebenen den Berufsweg von morgen

Zukunft zum Anfassen: VR-Brille und Kompetenzberatung ebenen den Berufsweg von morgen

Aktionstag „Berufsberatung To Go“ am Ko-Kubus in Freudenstadt bot virtuelle Einblicke und reale Chancen für Jugendliche und Wiedereinsteiger

Ein solarbetriebener Kubus auf dem historischen Marktplatz in Freudenstadt. Regenwetter, das den Enthusiasmus der Organisatoren nicht trüben kann. Eine Virtual-Reality-Brille, die den Sprung in mehr als100 Berufe ermöglicht. Das war die Kulisse für den Aktionstag „Berufsberatung To Go“ am Dienstag, 23. September 2025.

Organisiert vom Transformationsnetzwerk (TraFoNetz) Nordschwarzwald und der Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim, verwandelte sich der Ko-Kubus in eine mobile Beratungsstation, um Menschen direkt vor Ort für ihre berufliche Zukunft zu begeistern.

Trotz des Regens fanden sowohl Jugendliche als auch Erwachsene den Weg zur Beratungsstation. Martina Lehmann, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim, brachte das Ziel auf den Punkt: „Im Grunde ist unser gesamtes Handeln drauf ausgerichtet, dahin zu gehen, wo Jugendliche sind“. Dieser direkte Ansatz soll Hemmschwellen abbauen und frühzeitig Lust auf die Berufswahl machen.

Magnet für Jugendliche
Highlight des Aktionstags war eine VR-Brille. „Das ist ein eingeschworener Magnet für die Jugendlichen“, erklärte Martina Lehmann. Seit etwa zwei Jahren im Einsatz bei der Arbeitsagentur Nagold-Pforzheim, biete die Brille mehr als nur Videos: Sie ermögliche eine 360-Grad-Erfahrung des Arbeitsalltags. Ob im Krankenhaus oder in einem Industriebetrieb, die Nutzer seien mittendrin und bekämen einen realistischen Einblick in verschiedene Arbeitswelten. „Umso früher Jugendliche Lust auf Berufe kriegen, sich mit der Thematik auseinandersetzen, umso höher die Chance, dass sie dann auch irgendwann mal gut informiert genau den Beruf ergreifen, der zu ihren Talenten am besten passt“, so die Agentur-Chefin.

Mehr Mädchen in MINT-Berufe
Wichtig sei dies auch für weibliche Ausbildungsinteressierte, um sie früh für Berufe zu begeistern, die über die klassischen zehn Frauenberufe hinausgehen. Stichwort: MINT, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Indes gebe es bei den Top-10-Ausbildungsberufen für Mädchen momentan noch kaum Veränderungen: Arztassistentin, kaufmännische Berufe und Friseurin bleiben laut Lehmann dominant. Bei den jungen Männern hingegen sei ein Trend erkennbar: Neben dem Kfz-Mechatroniker habe es mit dem Energieelektroniker und dem Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik zwei weitere Handwerksberufe in die Top 10 geschafft. Ein Zeichen dafür, dass Themen wie Klimawandel und Energiewende im Handwerk angekommen seien.
Enorme Chancen in Freudenstadt
Gerade im Landkreis Freudenstadt sei die Ausgangssituation für junge Menschen so günstig wie nirgendwo sonst im Nordschwarzwald, betonte Lehmann. Auf jede suchende Person kommen aktuell vier unbesetzte Ausbildungsstellen. Dies sei eine riesige Chance für Jugendliche, stelle aber die Betriebe vor massive Nachwuchsprobleme. Events wie der Aktionstag am Ko-Kubus sollen helfen, Betriebe und junge Menschen zusammenzubringen.

Ungenutztes Potenzial „stille Reserve“
Ein zweiter Fokus des Aktionstages lag auf der sogenannten „Stillen Reserve“ – Menschen, die über einen beruflichen Wiedereinstieg nachdenken. Waltraud Barton, Spezialistin für die Berufsberatung im Erwerbsleben bei der Arbeitsagentur, kennt die Herausforderungen. „Die Hürden sind da enorm groß“, sagt sie. Oftmals scheitere der Wiedereinstieg an praktischen Dingen wie der Kinderbetreuung oder der Hemmschwelle, das sichere Umfeld zu Hause zu verlassen.

Dabei sei der Förderbedarf groß. Die Agentur für Arbeit biete umfassende Unterstützung. Diese reiche von finanziellen Zuschüssen für eine abschlussorientierte Umschulung und Prämien für bestandene Prüfungen bis hin zur Übernahme von Fahrt- und Kinderbetreuungskosten. „Es gibt den Interessenten die Möglichkeit, einen Berufsabschluss zu erzielen“, erklärt Barton. Ein besonders attraktives Projekt sei der „Kita-Direkteinstieg“, der Frauen die Ausbildung zur Erzieherin oder sozialpädagogischen Assistentin direkt in einer Einrichtung ermögliche und so dem Fachkräftemangel entgegenwirke.

Starke Partner für die Transformation
Neben der VR-Brille konnten sich Interessierte bei Svea Taube über den vom TraFoNetz entwickelten „Selbstcheck Zukunftskompetenzen“ informieren. Dieses digitale Werkzeug gibt Taube zufolge Hinweise, welche Fähigkeiten in der transformierten Wirtschaft von morgen gefragt sind.
Der Aktionstag zeigte laut Martina Lehmann die gute und enge Verbindung zwischen dem Transformationsnetzwerk und der Arbeitsagentur: „So entstehen auch immer wieder gemeinsam Ideen.“ Das TraFoNetz fungiere als wichtiger Multiplikator und Partner, um die Expertise der Agentur sichtbar zu machen und Lücken zu füllen, wo gesetzliche Finanzierungsgrundlagen fehlten.

Unterstützung am Aktionstag
Auch Vertreter aus Politik und Wirtschaft zeigten am Aktionstag ihre Unterstützung durch ihren Besuch, darunter Freudenstadts Oberbürgermeister Adrian Sonder, Jochen Protzer, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Nordschwarzwald, sowie die Wirtschaftsbeauftragten Ralf Bohnet (Landkreis Freudenstadt) und Elke Latscha (Freudenstadt). Sie alle konnten sich von der Arbeit des Beratungsteams überzeugen, zu ihm gehörten von Seiten des TraFoNetzes Kerstin Weipert, Lidia Niestoruk und Svea Taube sowie von der Arbeitsagentur Waltraud Barton, Susanne Franzke, Nico Schuler und Ayhan Kamil.

Autor: Gerd Lache