/
/
SOGA Gallenbach: Vom Auto-Zulieferer zum Systemlöser für Medizintechnik

SOGA Gallenbach: Vom Auto-Zulieferer zum Systemlöser für Medizintechnik

Wie ein Pforzheimer Maschinenbau-Unternehmen seinen Umsatz durch die Transformation verdoppelt hat – TraFoNetz-Serie Best Practice 04

Inmitten des Nordschwarzwälder Innovationsgeistes steht die SOGA Gallenbach GmbH als Beispiel für erfolgreiche unternehmerische Transformation. Gegründet 1984 von Peter Gallenbach mit dem Fokus „technischer Handel“ und seit 2009 unter der Führung seines Sohnes Fabian Gallenbach, hat das Pforzheimer Maschinenbauunternehmen einen bemerkenswerten Wandel vollzogen: Vom einstigen Schwerpunkt Automobilbranche hin zu einem spezialisierten Anbieter technischer Systemlösungen für die Medizintechnik.

Dieser strategische Schritt, der seit etwa 2018 forciert wird, hat sich nicht nur als wirtschaftlich lohnend erwiesen, sondern auch die Arbeitskultur des Unternehmens positiv beeinflusst. Über lange Jahre war die SOGA Gallenbach GmbH (SOGA steht für SOndermaschinen GAllenbach) ein wichtiger Zulieferer für die Automobilbranche, zeitweise sogar stark abhängig von einzelnen Großkunden wie Haman Becker Automotive, für die das Unternehmen zahlreiche Automatisierungen wie Handlingstationen und Schraubautomaten lieferten.

Fabian Gallenbach stieg 2005 in die Firma seines Vaters ein und erlebte ab 2007 in der Automotive-Branche die Verlagerung von Produktionslinien nach Ungarn und Mexiko. Dies führte bei SOGA zur Diversifizierung und zum Aufbau einer stabilen Beziehung zu Unternehmen (wie beispielsweise Witzenmann), die in diverseren Branchen aktiv sind.

Doch der entscheidende Wandel, der das Unternehmen zu einem „Good-Practice“-Beispiel macht, begann 2016 mit einem Kunden in Hechingen im sogenannten Medical Valley (am Westrand der Schwäbische Alb). Was mit einfacher Automation startete, entwickelte sich durch Kundenzufriedenheit und Weiterempfehlung im Hechinger Netzwerk schnell weiter. Seit rund acht Jahren konzentriert sich SOGA nun intensiv auf die Medizintechnik, „eine Branche, in der der Qualitätsgedanke des Unternehmens am besten wertgeschätzt“ werde, so Geschäftsführer Fabian Gallenbach.

Wachstum durch Fokus und Kooperation Die Fokussierung auf die Medizintechnik hat sich ausgezahlt. Die Kundenzahl des Unternehmens ist von einem einzigen Abnehmer im Jahr 2005 auf heute mehr als 30 gestiegen. SOGA Gallenbach konnte seinen Umsatz bei gleicher Beschäftigtenzahl in den vergangenen vier Jahren verdoppeln. Dies sei maßgeblich auf den florierenden Medizintechniksektor zurückzuführen. Obwohl das Unternehmen weiterhin auch Maschinen für langjährige Partner wie Witzenmann baut, liegt das größte Wachstumspotenzial klar in der Medizin.

Kein Selbstläufer mit Schalter umlegen Der Eintritt in diesen anspruchsvollen Markt war jedoch kein Selbstläufer. Fabian Gallenbach betont, dass es ein „Entwicklungsprozess“ sei und nicht einfach das „Schalterumlegen“. Man müsse bei der Medizintechnik „dran bleiben“, „geduldig sein“ und sie „über Monate oder Jahre hinweg“ verfolgen. Der Schlüssel sei, sich als Entwicklungspartner zu verstehen, nicht nur als Lieferant. Dies erfordere viel Engagement zu einem Zeitpunkt, an dem Aufträge noch lange nicht in Sicht seien. Typischerweise dauere es zwei bis drei Jahre von den ersten Gesprächen bis zum Auftrag. Im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen, die nur freie Maschinenkapazitäten anbieten wollten, brachte SOGA Gallenbach die Bereitschaft mit, sich in die Produkt-Entwicklung einzubringen.

Ein weiterer Erfolgsfaktor ist der Aufbau von Prozess-Know-how. SOGA hat in 3D-Druck-Technologie, Kollaboration, Prüf- und Messtechnik sowie in Software, Versuchsroboter und Labore investiert, um chemische Tests, Alterungstests und Beständigkeitstests durchzuführen. Sie unterstützen Mediziner, die zwar ihre Produkte genau kennen, aber oft nicht wissen, wie sie die Herstellung automatisieren können.

Konkret bedeutet dies laut dem Geschäftsführer: SOGA hört zu, analysiert die Anforderungen und entwickelt Prozesskenntnisse, um darauf basierend automatisierte Lösungen zu schaffen, die auch den strengen Anforderungen an Biokompatibilität gerecht werden. Auch die geforderte Dokumentation sei auf höchstem Niveau, was SOGA jedoch aus seiner Automobilhistorie heraus bereits kannte und laut Fabian Gallenbach sogar noch übertrifft, wie ihm Kunden positiv berichteten.

Netzwerke und Personal als zentrale Herausforderungen
Unterdessen nennt Gallenbach die Personalthemen als aktuell größte Herausforderung. Das Unternehmen möchte wachsen und sucht aktiv neue Fachkräfte. Es ist aktives Mitglied im Netzwerk des Medical Valley in Hechingen sowie Medical Mountains, Bio Regio Stern und im Netzwerk Hochform in Pforzheim. Diese Netzwerke seien entscheidend für Bekanntheit, Weiterempfehlung und den Austausch. Die Aufnahme in den Verteiler des TraFoNetz-Netzwerks und die Einladung zu der Veranstaltungsserie „Community of Practice“ mit ihren Personalthemen seien Gelegenheiten, von diesem Austausch zu profitieren.

Jobmesse brachte zwei qualifizierte Vollzeit-Fachkräfte
Die Teilnahme an einer Jobmesse in Pforzheim habe bereits gezeigt, dass das Unternehmen durch seine Medizintechnik-Ausrichtung für vorbereitete und ernsthaft interessierte Kandidatinnen und Kandidaten attraktiver geworden ist. Direkt im Anschluss an die Jobmesse wurden zwei weitere neue Mitarbeitende eingestellt, die den Bereich Forschung und Entwicklung unterstützen und ausbauen.

Der Transformationsprozess geht auch intern weiter. Fabian Gallenbach hat sich schrittweise aus der Produktentwicklung zurückgezogen, um sich strategischen Themen, der Kundenbetreuung und Kundengewinnung zu widmen. Er hat ein Team aufgebaut, das ihn unterstützt und neue Mitarbeitende einlernt. Dies schaffe ihm wertvolle Freiräume, sich stärker mit der Zukunft des Unternehmens zu befassen.

KI, Innovation und strategische Weitsicht
SOGA hat in den vergangenen Jahren eigenfinanziert hohe 6-stellige Beträge in Equipment und Aufbau von Prozessen investiert um sich am Medizinmarkt zu etablieren. Das Unternehmen setzt auf Innovationen, wie die Entwicklung hochautomatisierter Maschinen mit zunehmendem Einsatz von KI. Aktuell wird an neuen Möglichkeiten im Bereich der Elektropolitur, passivieren und Beizen geforscht – ein Prozess, der in der Medizintechnik oft noch Handarbeit ist. Ziel ist die Biokompatibilität. Sie sei erforderlich, um zytotoxische Reaktionen (Zellschädigung) der Implantate im Körper zu verhindern. Dies ist laut Gallenbach nur mit voller Prozesskontrolle und KI-gestützter Software möglich.

Hierfür wurde ein ZIM-Antrag (Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand) auf finanzielle Unterstützung gestellt. Es zeigt, dass SOGA durchaus bereit ist, geeignete Fördermittel zu nutzen, obwohl Fabian Gallenbach generell Förderprogramme kritisch sieht. Sie werden seiner Ansicht nach „ausgenutzt“ und die Bürokratie dafür sei sehr hoch. Für die Beantragung seien entsprechende Fördermittelberater notwendig. Er wünscht sich investitionsfreundlichere Rahmenbedingungen und weniger Bürokratie.

Die Digitalisierung sieht SOGA als wichtiges Potenzial, sowohl in den internen Abläufen insbesondere bei der Dokumentenablage wie auch in den Projekten, beispielsweise bei der Auswertung statistischer Prozessdaten. Auch wenn die Medizintechnik-Branche hier noch hinter der Automobilindustrie zurückliege, kann SOGA sein Know-how aus der Automatisierung von Fertigungslinien einbringen. KI sieht Fabian Gallenbach derzeit eher unterstützend, etwa in der Dokumentationserstellung.

Perspektivisch blickt der Geschäftsführer auf die Dentalbranche als weiteres Wachstumsfeld. „Es ist von den Anforderungen her nicht völlig fremd“, sagt Fabian Gallenbach mit optimistischem Blick in die Zukunft.

Autor: Gerd Lache